Queerness in Games

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    Danke für die ausführliche Antwort und den persönlichen Einblick!


    Als queerer Gamer möchte ich einfach mehr Spiele haben, die ohne großes Trara offen queere Charaktere darstellen, die auch nur die gleichen epischen Abenteuer wie sonst jeder auch erleben. Ich möchte mir das nicht zwischen den Zeilen irgendwo herauslesen müssen und es geht auch vielen anderen in der Community so.

    Das ist eine nachvollziehbare Erklärung. So betrachtet stimme ich dem zu.


    Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wie man bei storyintensiven Spielen nicht irgendwie auf Romantik, Sexualität oder auch nur Geschlechtsidentität stoßen kann. Also wenn du queere Charaktere hast, wie kommt es da nicht zur Sprache?
    Diese Herangehensweise irritiert mich etwas. xD

    Zwei Beispiele:


    Im Kartoffel-Add-On treffen wir auf Lyras, den musikalisch völlig untalentierten Abflussbarden. Wir erfahren im Gespräch, dass Prollbos Vetter Quotan den Ärmsten rausgeworfen hat, weil er "kein Verständnis für Lyras´musikalische Bedürfnisse" hatte, sprich, Lyras lärmte Tag und Nacht mit seiner Laute. Quotan riss irgendwann die Hutschnur und er setzte ihn vor die Tür. Seither lebt und musiziert Lyras allein im Abfluss. Dass Quotan und Lyras ein schwules Pärchen waren, ist nur dahingehend wichtig, weil es erklärt, warum wir inmitten eines abgelegenen Abwassersystems einen einsamen Barden treffen. Wichtig ist für uns, wie Lyras uns helfen kann, den gefährlichen Weg durch den Abfluss zu bewältigen. Ob er schwul ist oder nicht, ist eigentlich Jacke wie Hose, aber zufällig ist er es eben.


    Bei Saligia ist die homosexuelle Figur ein Soziopath, da ist Romantik eh kein Thema, so dass ich noch nicht weiß, ob ich die Orientierung erwähnen werde oder nicht, da auch die Neigungen der heterosexuellen Figuren in dem Spiel völlig schnuppe sind. Das zentrale Thema ist Kameradschaft, es geht um das Überleben am unteren Ende der Gesellschaft und den Kampf gegen den fiesen Staat. Die Orientierung zu thematisieren, würde vielleicht eher vom Wesentlichen ablenken. Das Projektlein hat ja nur etwa eine Stunde Umfang. Darum mein Gedanke, das gar nicht erst zu erwähnen.

  • Ja ich kann dein Vorgehen in Sachen Marketing nachvollziehen und es wäre blöd, genau das nicht zu betonen. Da du dadurch eine Zielgruppe ansprichst die es betrifft und sich auch dementsprechend für dein Game interessieren könnte.

    Offtopic und auch nicht dich oder dein Spiel betreffend:
    Thematisch bin ich persönlich bei dem Thema Queer Zwiegespalten. Auf der einen Seite kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass dieses Thema endlich die breite Masse erreicht um aufzuklären und auch Akzeptanz zu schaffen. Auf der anderen Seite bin ich persönlich genervt vom Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit (nicht das Queer sein an sich). Denn überall wird mir das Thema heftig ins Gesicht gedrückt, um mir gefühlt die Akzeptanz aufzuzwingen.

    Auch finde ich es verkehrt das Thema Queer in Spiele, Filme, Bücher usw. einzubauen, weil es gerade in aller Munde ist, ohne sich damit thematisch auseinander zu setzen... (ja ich schaue euch an ihr Streamingdienste...) Persönlich habe ich keine Probleme mit dem Thema und den Menschen die es betrifft und finde man solle es respektvoll und als selbstverständlich behandeln. Meinen Kindern lesen, meine Frau und ich, Kindgerechte Bücher über Aufklärung, Liebe und Geburt vor. Sehr starkes Thema in diesen Bücher sind eben auch Queere Menschen und dort wird es super und auch kindgerecht erklärt. Was ich persönlich spitze finde.

  • Baxeda:
    Ja, in den Beispielen kann ich deine Entscheidung verstehen. Auch wenn es gerade bei Saligia imo nicht schaden würde, trotzdem auch queere Charaktere auftreten zu lassen. Auch wenn die Story sich jetzt nicht gezielt mit der Marginalisierung von queeren Menschen befasst, können sie ja trotzdem davon betroffen sein. Sagen wir, du willst in deiner Narrative auf "die Reichen beuten die Armen aus" hinaus, dann können ja trotzdem manche von denen queer sein. Ist ja nicht so, als wären Arme oder Reiche nicht auch möglicherweise schwul z.B. Intersektionalität und so. xD

    Auf der anderen Seite bin ich persönlich genervt vom Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit (nicht das Queer sein an sich). Denn überall wird mir das Thema heftig ins Gesicht gedrückt, um mir gefühlt die Akzeptanz aufzuzwingen.

    Hier muss man imo verschiedene Aspekte trennen:
    1.) Queerness wird gerade im Mainstream sehr befeuert, weil sich dafür einfach eine rentable Zielgruppe ergeben hat. Lästig sehe ich hier in erster Linie Firmen, die gerne sogenanntes "Pinkwashing" betreiben. Also immer mal Regenbogen-Merch verticken, aber ansonsten auch gerne hart diskriminerende Politik gegen queere Menschen finanzieren oder damit des Profits wegen kollabieren. Das heißt aber nicht automatisch, dass all der darin produzierte Content schlecht oder aufgezwungen ist, denn...
    2.) Durch den Mangel an offener Repräsentation wirkt es stellenweise natürlich sehr überladend, aber letztlich bleibt es doch überschaubar, wie viel offener queerer Content jetzt wirklich existiert im Vergleich zu den Jahrzehnten an Medien vorher. Und am Ende bleibt auch einfach die Möglichkeit: Vielleicht ist nicht jede queere Geschichte für einen selbst, sondern für ein völlig anderes Publikum gedacht? Da geht es also nicht darum, für Akzeptanz bei der Mehrheit der Gesellschaft zu werben, sondern einfach queeren Menschen direkt den Content zu geben, der mit ihnen als Zielgruppe konzipiert ist - oft auch weil es von queeren Menschen gemacht wurde. Das ist gerade für queere Jugendliche enorm wichtig, auch gute Repräsentation in den Medien wiederzufinden.


    Aber genug Offtopic, hier soll es ja in erster Linie um Charon - Zhetan Chronicles gehen.

  • Irgendwie habe ich jetzt meinen Beitrag gelöscht, weil ich fehlerhafterweise davon ausgegangen bin, in den anderen Thread gepostet zu haben. Sorry.


    In meinem Spiel gibt es 3 queere Charaktere. Da mach ich auch kein großes Theater drum, vor allem, da es ingesamt 40 wichtige Charaktere in einer recht komplexen Geschichte sind. Sie sind mal mehr, mal weniger wichtig. Sie haben Wünsche, Träume, Hoffnungen und manchmal auch sehr düstere Seiten an sich. Wie alle Charaktere. Sie sind gleichermaßen sympathisch, wie unsympathisch, machen Fehler, jagen ihren Träumen nach und sind Teil einer komplexen, widersprüchlichen Gesellschaft. Ihre Geschichten mögen sicher von ihrer Sexualität gefärbt sein, aber das war es auch schon. Es ist ein kleiner Aspekt von vielen. Ein Charakter ist beispielsweise bisexuell, daneben allerdings auch unreif, verspielt, machtgeil, zweifelnd und manchmal auch mitfühlend. Da die queeren Charaktere wie in der realen Welt eine Minderheit darstellen, sind sie eher selten sichtbar. Vor allem aber dann, wenn man hinsieht. Sie prägen die Welt, dominieren sie aber nicht. Nicht mehr, nicht weniger. Ein kleiner Farbkleckser in einer bunten Welt.



    Zum Thema allgemein: Grundsätzlich find ich die Sichtbarkeit gut, die Medien, Werbetreibenden etc. übertreiben aber massiv und erweisen den Betroffenen einen Bärendienst, vor allem angesichts eines Kulturkampfes, der rechte Kräfte zunehmend erstärken lässt. Netflix schießt ja den Vogel komplett ab und stopft Charaktere auch in Formate rein, in denen sie aufgesetzt wirken (zB. Resident Evil) Hier geht es seit Jahren(!) um Zombies, nicht um Probleme von jungen Lesben. Das wirkt einfach total absurd und übertrieben. Das hätte sicher glaubwürdiger gewirkt, wenn man es sensibel erzählt hätte, aber stattdessen wird oft zum Holzhammer gegriffen. Mehr Repräsentation ist trotzdem vor allem für junge Menschen wichtig, wenn sie queer sind. Aber wenn es so aufgezwungen wird, wirkt es unnatürlich und geht auf die Nerven und im dann wird genau das Gegenteil erreicht.


    Und Firmen, die damit sind werben sind ein doppelschneidiges Schwert: Einerseits wird vieles sichtbarer, aber was bringt das, wenn die gleichen Firmen in Saudi-Arabien oder nur Ungarn den Schwanz einziehen? Vor allem wenn viele Menschen davon auch noch genervt sind und Vorurteile dadurch wieder en vogue werden? Das viele Firmen das nicht interessiert, obwohl sie es besser müssten, lässt oft pure Geldmacherei vermuten und wirklich geholfen ist damit niemandem. Mir gefällt die aktuelle Richtung überhaupt nicht und ich fühle mich als betroffene Person überhaupt (!) nicht repräsentiert in dem aktuellen, teilweise hysterischen Trubel. Ich mochte die schleichende, aber immer sichtbarere Akzeptanz, die auf lange Sicht enorme Fortschritt erreichte, viel lieber. Was aktuell passiert, ist ein Desaster und wird allen queeren Menschen extrem schaden, spätestens dann, wenn radikalere Parteien wieder im Aufwind sind.

  • Sie sind mal mehr, mal weniger wichtig. Sie haben Wünsche, Träume, Hoffnungen und manchmal auch sehr düstere Seiten an sich. Wie alle Charaktere. Sie sind gleichermaßen sympathisch, wie unsympathisch, machen Fehler, jagen ihren Träumen nach und sind Teil einer komplexen, widersprüchlichen Gesellschaft. Ihre Geschichten mögen sicher von ihrer Sexualität gefärbt sein, aber das war es auch schon. Es ist ein kleiner Aspekt von vielen. Ein Charakter ist beispielsweise bisexuell, daneben allerdings auch unreif, verspielt, machtgeil, zweifelnd und manchmal auch mitfühlend. Da die queeren Charaktere wie in der realen Welt eine Minderheit darstellen, sind sie eher selten sichtbar. Vor allem aber dann, wenn man hinsieht. Sie prägen die Welt, dominieren sie aber nicht. Nicht mehr, nicht weniger. Ein kleiner Farbkleckser in einer bunten Welt.

    Das finde ich sehr schön formuliert und das ist auch meine Herangehensweise.


    Mir gefällt die aktuelle Richtung überhaupt nicht und ich fühle mich als betroffene Person überhaupt (!) nicht repräsentiert in dem aktuellen, teilweise hysterischen Trubel. Ich mochte die schleichende, aber immer sichtbarere Akzeptanz, die auf lange Sicht enorme Fortschritt erreichte, viel lieber.

    Das fasst meine eigene Wahrnehmung gut zusammen und auch die Wahrnehmung der queeren Menschen in meinem Umfeld.


    Netflix schießt ja den Vogel komplett ab und stopft Charaktere auch in Formate rein, in denen sie aufgesetzt wirken (zB. Resident Evil) Hier geht es seit Jahren(!) um Zombies, nicht um Probleme von jungen Lesben.

    Die Zielgruppe des neuen "Lesben-Hypes" sind vermutlich heterosexuelle Männer. Die lesbisch lebenden Frauen in meinem Freundeskreis finden die Art der Darstellung widerwärtig und fühlen sich nicht represäntiert, sondern benutzt.


    Meine Frage an alle Entwickler hier ist:


    Wie geht ihr selbst bei der Darstellung von Figuren vor, die eine andere Orientierung haben als ihr selbst? Sucht ihr zum Beispiel vielleicht gezielt entsprechende Betatester? Recherchiert ihr womöglich vorher oder arbeitet ihr nach eigenem Gutdünken? Was ist euer Weg?

  • Zum ersten möchte ich mich Gex Meinung genauso anschließen, du hast das sehr gut formuliert und das kann ich auch so unterschreiben!


    Was Bax betrifft, jetzt wo du es sagst hatte ich in jüngster Zeit eben genau so einen Fall und ich habe mir den Rat und den Segen deren Zielgruppe geholt, weil ich zu einem die Zielgruppe Respektvoll behandeln möchte und zum anderen ein authentisches Bild vermitteln möchte.

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